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MCAS und COVID-19: Sind wir stärker gefährdet?

Dies ist Teil 2 der neuen Blogreihe zu Mastzellerkrankungen und COVID-19. Teil 1 beschäftigte sich mit allgemeinen Zusammenhängen von Mastzellen und COVID-19.


Das neue Coronavirus SARS-CoV-2 bewegt uns und die ganze Welt nun schon seit Monaten. Viele Menschen mit chronischen Erkrankungen, darunter auch das Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS), fragen sich zunehmend, wie gefährdet sie hinsichtlich COVID-19 sind. Einige dieser Fragen wird diese Blogreihe zu Mastzellen, MCAS und COVID-19 beleuchten, die mit diesem Post in die zweite Runde geht.


Die wesentlichen Fragen sind:

  • Haben Mastzellen etwas mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 und der daraus resultierenden Krankheit COVID-19 zu tun? Die Antworten auf diese Frage kannst du im Teil 1 der Reihe nachlesen.

  • Sind Menschen mit Mastzellerkrankungen wie MCAS oder Mastozytose stärker gefährdet? Diese Frage zielt sowohl auf eine eventuelle höhere Ansteckungsgefahr mit dem SARS-CoV-2 als auch auf eine mögliche erhöhte Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs von COVID-19.

  • Kann sich MCAS durch COVID-19 verschlimmern?

  • Was können Betroffene nun tun?

  • Was wird hinsichtlich einer Impfung empfohlen?


Dieser zweite Teil wird sich mit der Frage nach dem Risiko von MCAS-Betroffenen für eine Infektion mit dem SARS-CoV-2 und dem Risiko eines schweren Verlaufes von der daraus resultierenden Erkrankung COVID-19 beschäftigen.


Teil 1 über die Mastzellen, MCAS und COVID-19 kannst du hier lesen. Teil 3 wird sich dann darum drehen, was MCAS-Betroffene im Falle einer Infektion mit dem neuen Coronavirus tun können. Dieser Teil folgt demnächst.


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Bevor es losgeht, noch ein wichtiger Hinweis: Dieser Post enthält medizinische Informationen, auch über Medikamente. Diese Informationen sind keinesfalls dazu gedacht, selbsttätig seine Medikation zu ändern. Sprich immer mit deinem Arzt über eventuelle Anpassungen deiner Medikation. Ein Blogpost kann und will keinen medizinischen Rat ersetzen. Das Folgende dient ausschließlich der Information über den gegenwärtigen Kenntnisstand.


Sind Menschen mit Mastzellerkrankungen wie MCAS oder Mastozytose stärker gefährdet?


Diese Frage zielt sowohl auf eine eventuelle höhere Ansteckungsgefahr mit dem SARS-CoV-2 als auch auf eine mögliche erhöhte Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs von COVID-19.



Haben Menschen mit Mastzellerkrankungen wie MCAS oder Mastozytose eine erhöhte Gefahr, sich mit dem SARS-CoV-2 zu infizieren?


Ganz kurz gesagt: Wahrscheinlich nicht, solange nicht besondere Faktoren vorliegen.


Und das ist der Hintergrund dazu:

Vorweg ein Wort zur Datenlage. Auch hier gilt wieder: Es gibt bisher wenige Daten, aber es gibt Expertenmeinungen. In einer wissenschaftlichen Publikation beschäftigten sich vor allem Valent et al. (9) mit dieser speziellen Frage. Weitere Meinungen stammen aus eigenen Veröffentlichungen von Experten im Internet, sowie aus Interviews. Zu beachten ist dabei, dass Valent und Kollegen eine engere Sichtweise von MCAS haben. Details zu den Unterschieden in der Sichtweise zwischen verschiedenen Forschern auf MCAS kannst du hier nachlesen. Valent et al. sehen MCAS nur dann gegeben, wenn schwere Symptome auftreten, die z.B. einen Krankenhausaufenthalt nötig machen. Als zentralen Botenstoff in der Diagnose von MCAS sehen sie daher Tryptase. Andere Forscher, wie z.B. Dr. Afrin und Prof. Molderings, haben eine breitere Sicht auf MCAS. Auch das kannst du hier nachlesen.


Valent et al. (9) nehmen hinsichtlich eines erhöhten Infektionsrisikos bei Menschen mit MCAS und Mastozytose an, dass die meisten Patienten ein normales zelluläres und humorales Immunsystem haben. Weiter schreiben sie, dass es aktuell keine Hinweise darauf gibt, dass Menschen mit Mastzellerkrankungen häufiger von viralen, bakteriellen oder fungalen Infektionen betroffen sind. Belastbare Daten existieren dazu allerdings nicht. Auch Dr. Afrin vermutet kein grundsätzliches erhöhtes Ansteckungsrisiko für SARS-CoV-2 durch eine Mastzellerkrankung allein. Dr. Afrin und Dr. Dempsey merken an, dass das neue Coronavirus schon grundsätzlich sehr infektiös ist. Insofern gehen sie nicht davon aus, dass Patienten mit MCAS noch signifikant mehr (oder auch weniger) anfällig sein könnten für eine Infektion als jemand ohne MCAS. Im Wesentlichen schließt sich auch The Mastocytosis Society (TMSforacure) dieser Meinung in einem Statement an. Sie empfehlen Patienten mit Mastzellerkrankungen allerdings, aufgrund der unklaren Lage zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen für potenziell gefährdete Bevölkerungsgruppen in Betracht zu ziehen (8).


Auch wenn grundsätzlich bei MCAS oder Mastozytose kein gesteigertes Infektionsrisiko angenommen wird, gibt es Ausnahmen:

  1. Bei dauerhafter Behandlung mit Glukokortikoiden, immunsuppressiven Mitteln oder Chemotherapie. Eine Langzeiteinnahme von Glukokortikoiden (z.B. Cortison, Prednisolon, Dexamethason) kann zu einer Unterdrückung des Immunsystems führen, und dann kann die Wahrscheinlichkeit einer Infektion erhöht sein. Das merkt auch TMSforacure in ihrem Statement an (8). Übrigens: Im Gegensatz dazu gibt es keine Hinweise darauf, dass Antihistaminika, Anti-Leukotriene, Chromone (Cromoglicinsäure, Nedocromil) oder Omalizumab (Antikörper gegen IgE) immunsuppressiv wirken, auch nicht nach jahrelanger Einnahme. Daher sollten diese Medikamente weiter genommen werden (9).

  2. Bei der fortgeschrittenen Systemischen Mastozytose. Anders als bei anderen Mastzellerkrankungen können hier betroffene Patienten ein eingeschränktes Immunsystem aufweisen (9).

  3. Bei einer Immunschwäche im Zusammenhang mit MCAS. Anders als Valent und Kollegen ist Dr. Afrin der Meinung, dass es bei MCAS zu zellulären Immunschwächen kommen kann, z.B. durch verminderte Zahlen von weißen Blutkörperchen wie den Neutrophilen oder Lymphozyten (2). Diese können entweder generell auftreten, oder auf bestimmte Subgruppen bezogen, z.B. die T-Helferzellen (CD4+-T-Lymphozyten) oder die T-Suppressorzellen (CD8+-T-Lymphozyten; 2). Eine verminderte Anzahl an Lymphozyten wurde als ein signifikanter Risikofaktor in einer COVID-19-Erkrankung festgestellt (3, 4, 7, 10). Eine mögliche Ursache (neben mehreren anderen) für die Verminderung von Lymphozyten kann bei proentzündlichen Zytokinen liegen (7). Diese spielen sowohl bei MCAS als auch in COVID-19 eine Rolle (siehe Blogpost Teil 1), u.a. TNF-α und IL-6 (7). Dabei scheint aktuell nicht klar, ob die verringerte Zahl der Lymphozyten schon vor der Infektion vorlag, oder durch die Infektion mit dem SARS-CoV-2 ausgelöst wurde. Es erscheint jedoch naheliegend, dass eine bereits vorhandene geringe Zahl an Lymphozyten bei COVID-19 eher ungünstig sein könnte. Eine vorübergehende Verminderung der Lymphozyten ist ein gängiges Merkmal viraler Atemwegsinfektionen, scheint aber bei COVID-19 besonders schwer und/oder langandauernd zu sein, und sich möglicherweise besonders auf die T-Zellen zu konzentrieren (4). Wenn du dich für eine genaue Differenzierung der T-Zellen bei COVID-19 interessierst, empfehle ich dir, das Paper von Chen et al. (4) zu lesen. Es ist in der Literaturliste (siehe unten) unter den Nummer 4 verlinkt und von dort als Volltext frei zugänglich. Laut Dr. Afrin kann auch das humorale Immunsystem bei MCAS geschwächt sein (es kann aber auch überaktiv sein), z.B. reduzierte Level von IgG, IgM, IgA, IgE oder IgD-Antikörpern. Wenn diese stark ausgeprägt sind, steigt auch das generelle Infektionsrisiko (2).

Der Lebensstil vieler Menschen mit Mastzellerkrankungen könnte sich allerdings positiv auf das Ansteckungsrisiko auswirken. Viele Menschen mit Mastzellerkrankungen lebten isolierter als der Durchschnittsmensch, und hätten allein dadurch vermutlich ein geringeres Risiko als die Normalbevölkerung. Sie nehmen außerdem an, dass das Übertragungsrisiko vermutlich das gleiche wie in der Normalbevölkerung ist, wobei dies auch von der Situation abhängt. Menschen mit Mastzellerkrankungen, die Pflege benötigen, oder die im Krankenhaus liegen, sehen sich eventuell durch den engeren Kontakt eher einem Risiko ausgesetzt als jemand, der allein zuhause wohnt (9). Zusätzlich tragen einige Betroffene bereits regelmäßig Masken, welche nachweislich das Ansteckungsrisiko verringern.


Zusammenfassend: Die Experten sind sich grundsätzlich einig, dass MCAS und Mastozytose allein nicht zu einem erhöhten Risiko einer Infektion mit dem SARS-CoV-2 führen. Es gibt allerdings gewisse Ausnahmen, bei denen doch ein erhöhtes Infektionsrisiko gelten kann. Dies hängt insbesondere mit verschiedenen Ursachen zusammen, durch die das Immunsystem geschwächt sein kann. Dies sind bislang allerdings vorläufige Annahmen, die sich möglicherweise noch verändern, wenn neues Wissen hinzukommt.


Haben MCASler ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf?


Kurz gesagt: Möglicherweise ja.


Und das ist der Hintergrund dazu:

Hinsichtlich eines höheren Risikos für einen schweren Verlauf von COVID-19 sind sich die Experten weniger einig. Valent et al. (9) sagen grundsätzlich, dass aktuell das Risiko für einen schweren Verlauf bei Mastzellerkrankungen nicht bekannt ist. Sie diskutieren vorsichtig verschiedene Umstände, die auf Menschen mit Mastzellerkrankungen zutreffen könnten. Mögliche Risikofaktoren für einen schweren Verlauf bei Menschen mit Mastzellerkrankungen sind demnach (9):


  1. Eine fortgeschrittene Systemischen Mastozytose: Hierbei könnte das Risiko eines schweren Verlaufs erhöht sein, erstens durch das meist höhere Alter dieser Patienten, und dann durch die erhöhte Anzahl an Mastzellen, welches förderlich sein könnte für eine überschießende Entzüdungsreaktion. Es wäre außerdem denkbar, dass Patienten mit Systemischer Mastozytose ein geschwächtes Immunsystem haben könnten, durchaus auch durch Medikamente wie z.B. Glukokortikoide oder Medikamente gegen Krebs. Es gibt jedoch keine definitiven Hinweise darauf (9).

  2. Begleiterkrankungen: Diese können, auch unabhängig von MCAS oder Mastozytose, das Risiko eines schweren Verlaufs erhöhen, z.B. Bluthochdruck, Lungenerkrankungen oder Diabetes. Möglicherweise gehören auch Atemwegsallergien und Empfindlichkeit oder Intoleranz gegenüber einigen Medikamenten, die gegen COVID-19 eingesetzt werden, dazu. Besonders eine schwere und unkontrollierte allergische Entzündung der Lunge könnte einen Risikofaktor für einen schweren Verlauf darstellen (9). Einige dieser Risikofaktoren können mit Mastzellerkrankungen verknüpft sein.

  3. HAT (hereditary alpha tryptasemia, findet man in etwa 4-6% der Bevölkerung): Dies kann verschiedene Komplikationen mit sich bringen. Ob es auch ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 mit sich bringt, ist aktuell unklar (9).

  4. Vitamin-D-Mangel: Dies könnte ein Risikofaktor für häufigere und schwerer Virusinfektionen sein, auch von Coronaviren. Vitamin D besitzt antivirale Eigenschaften (9).

Anders als Valent und Kollegen drücken Dr. Afrin und Dr. Dempsey in dem entsprechenden Statement (1) auf ihrer Webseite aus, dass ihrer Meinung nach durchaus die Möglichkeit besteht, dass Patienten mit MCAS oder Mastozytose ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 haben könnten. Auch sie betonen, dass es dazu keine festen Daten gibt. Dr. Afrin merkt an, dass erwartet werden kann, dass das Risiko für einen schweren Verlauf bei Menschen mit einem gut kontrollierten MCAS geringer ist als bei Menschen mit einem weniger gut kontrollierten (1).


Er schreibt, dass er seit einiger Zeit vermutet, dass die gefährliche überschießende Entzündungsreaktion des Körpers (auch "Hyperinflammation" oder "Zytokinsturm" genannt) in schweren COVID-19-Verläufen zumindest bei einigen oder vielleicht sogar bei vielen Patienten entweder direkt oder indirekt von einem Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) verursacht wird. Er nimmt an, dass dieses MCAS höchstwahrscheinlich schon lange vor der Infektion mit dem neuen Coronavirus vorhanden war, zumeist unerkannt (1).


MCAS ist eine chronische Multisystemerkrankung, verknüpft mit einer anormalen, überschwänglichen Multisystementzündung. Die schweren Verläufe der COVID-19-Infektion scheinen hauptsächlich auf einer übermäßigen Entzündung zu basieren. So liegt es laut Dr. Afrin nahe (wiederum ohne tatsächliche Daten zur Unterstützung einer solchen Aussage, wie er betont), dass MCAS-Patienten, insbesondere die relativ schlecht kontrollierten MCAS-Patienten, möglicherweise ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 aufweisen (1).


Auch hier möchte ich erneut auf die Lymphozyten eingehen, welche einen Vorhersagewert für den weiteren Verlauf darstellen können (3). Eine Studie zeigte, dass Patienten, die einen schweren Verlauf entwickelten, schon in der Anfangsphase der Krankheit verminderte Lymphozyten aufwiesen. Neben den Lymphozyten wurden auch noch andere Laborwerte als relevant unterschiedlich betrachtet (3). Die Lymphozytenzahl wird als möglicher Vorhersagewert für eine erhöhte Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs in Betracht gezogen, neben weiteren mögliche Labortests mit Vorhersagewert, z.B. Ferritin, Lymphozyten, Leukozyten, Blutplättchen, Erythrozyten und Messung der Entzündung im Körper (10). Details zu diesen Tests findest du als Volltext verlinkt in der Literaturliste unter den Nummern 6 und 10.


Zusammenfassend: Es scheint durchaus ernsthafte Hinweise darauf zu geben, dass Menschen mit Mastzellerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von COVID-19 haben könnten. Die grundsätzlichen Zusammenhänge zwischen Mastzellen und COVID-19 scheinen dies zu stützen, harte Fakten gibt es dazu jedoch noch nicht. Das individuelle Risiko wird natürlich zusätzlich von anderen Faktoren bestimmt, wie der genauen Mastzellerkrankung, den aktuell eingenommenen Medikamenten, dem Alter und möglichen weiteren Erkrankungen.


Kann COVID-19 MCAS verschlimmern?


Kurz gesagt: Es würde mich nicht wundern, aber „offiziell bekannt“ ist dazu nichts.


Hier der Hintergrund dazu:

Zu dieser Frage gibt es die wenigsten konkreten Hinweise. Daher muss hier beachtet werden, dass sich die Antwort auf grundsätzliches Wissen zu Mastzellerkrankungen bezieht, sowie auf Dr. Afrins Aussagen zu COVID-19 (1), die eine Expertenmeinung darstellen, aber keine wissenschaftlichen Fakten. Das bedeutet, sie können wahr sein, bewiesen ist es aber nicht. Dr. Afrin sagt, dass SARS-CoV-2 natürlich die Mastzellen aktiviert. Das ist ein ganz normaler Prozess. Grundsätzlich können zahlreiche virale und bakterielle Infektionen eine dauerhafte und unangemessene Aktivierung der Mastzellen hervorrufen (1). Daher gibt es aktuell wenig Anlass, anzunehmen, dass dies nicht auch für COVID-19 gilt. Dr. Afrin deutet dies an, in dem er sagt, dass COVID-19 ein bisher unerkannt vorliegendes MCAS aktivieren und intensivieren könnte (1).


Zusammenfassend: So wie viele andere Erkrankungen könnte auch COVID-19 eine Auslösung oder Verschlimmerung der MCAS-Problematik verursachen. In diesem Bereich gibt es allerdings überhaupt keine Datenbasis, und nur Andeutungen in den Expertenmeinungen. Daher basiert diese Annahme lediglich auf dem, was grundsätzlich über Erkrankungen und MCAS bekannt ist.



Wird die Impfung für Menschen mit Mastzellerkrankungen wie MCAS oder Mastozytose empfohlen?


Kurz gesagt: Bei dieser Frage sind die Experten sich einig: Ja.


Hier der Hintergrund dazu:

Valent et al. (9) betonen: Obwohl es hier und da einzelne Fälle von unerwünschten Wirkungen durch Impfungen gegeben hat (besonders bei Lebendimpfungen bei diffuser kutaner Mastozytose), vertragen die meisten Mastozytosepatienten Impfungen gut, und die Vorteile einer Impfung überwiegen ihre Risiken bei Weitem! Dr. Afrin teilt diese Meinung. Er empfiehlt, besonders er angesichts der Infektiosität und Sterblichkeit durch COVID-19, dass Patienten mit MCAS oder Mastozytose sich so bald wie möglich impfen lassen, wenn ein einigermaßen sicherer und wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht. Dabei sollte die Impfstoff-Formulierung gewählt werden, die für den einzelnen Patienten am sichersten erscheint. Dies Empfehlung gilt obwohl einige MCAS-Patienten (insbesondere diejenigen mit "weniger gut kontrollierter" Krankheit) als Reaktion auf zumindest einige Impfstoffe Gefahr zu laufen scheinen, Schübe oder sogar eine dauerhafte Eskalation ihrer Krankheit zu erleiden. Dr. Afrin weist darauf hin, dass es sich bei COVID-19 um eine sehr weit verbreitete und äußerst gefährliche Infektion handelt. Daher empfiehlt er grundsätzlich jedem, den Rat der zuständigen Gesundheitsbehörden, die in diesen Fragen die größte Sachkenntnis entwickelt haben, genau zu befolgen.


Zusammenfassend: Eine Impfung wird definitiv empfohlen, trotz eventueller vereinzelter Risiken. Das Risiko, welches durch eine COVID-19-Erkrankung besteht, ist vielfach größer.


Die Symptome von MCAS und COVID-19 können sich überlappen. Wie kann ich erkennen, was was ist?


Zu dieser Frage haben Valent et al. (9) eine Trennung der verschiedenen, durchaus ähnlichen Symptome versucht. Dabei ist zu beachten, dass Valent et al. eine engere Sicht von MCAS aufweisen. In ihrer Tabelle sprechen sie daher von „Mastzellaktivierung“ (MCA), welches vermutlich die milderen Fälle miteinschließt und der Definition von Dr. Afrin und Kollegen eher nahekommt.


Da sowohl MCAS als auch COVID-19 unspezifische Symptome mit einschließt, gehe im Falle eines Falles lieber sicher und sprich mit einem Arzt!


Typische Symptome der Mastzellaktivierung (MCA):

  • moderate Spezifität: Urtikaria, Flushing, Jucken, Schwellungen, pfeifende Atmung

  • geringe Spezifität: verstopfte Nase, Atemnot, Heiserkeit, Halsschmerzen, Schwellung des Halses, Kopfschmerzen, niedriger Blutdruck, Herzrasen, Bauchkrämpfe, Durchfall

  • als Einzelsymptom keine Indikation für Mastzellaktivierung: masernartiger Ausschlag, Geschmacksverlust, Geruchsverlust, Husten, Fieber


Typische Symptome Covid-19:

  • Hohe Spezifität: Geruchsverlust, Husten, Atemnot, Geschmacksverlust

  • moderate Spezifität: Halsschmerzen

  • geringe Spezifität: masernartiger Ausschlag, verstopfte Nase, pfeifende Atmung, Heiserkeit, Schwellung des Halses, Fieber, Kopfschmerzen, Herzrasen, Durchfall

  • als Einzelsymptom keine Indikation für Covid-19: Urtikaria, Flushing, Jucken, Schwellungen, niedriger Blutdruck, Bauchkrämpfe



Was sind die bekannten Risikofaktoren für COVID-19?


Valent et al. (9) führen die Risikofaktoren für COVID-19 an:


Bekannt und etabliert:

  • Männliches Geschlecht

  • Alter über 60

  • Arterieller Bluthochdruck

  • Diabetes mellitus

  • Schwere Bronchien- oder Lungenerkrankung

  • Klinisch auffällige Herzerkrankungen

  • Aktiver, fortgeschrittener Krebs (solider Tumor)

  • Aktive, fortgeschrittene hämatologische Neoplasmen

  • Ererbte oder erworbene Immunschwäche

  • Zytotoxische Chemotherapie, infolgedessen Zytopenie (verminderte Zellzahlen)

  • Schweres unkontrolliertes allergisches Asthma

Nicht etabliert, aber diskutiert:

  • Nikotinkonsum

  • Kein vorheriger Kontakt mit Coronaviren

  • Anfängliche Virenlast

  • Moderate oder schwere Adipositas

  • Behandlung mit NSAR

  • Behandlung mit ACE-Hemmern oder ARB

  • Vitamin-D-Mangel

  • Vitamin-C-Mangel

  • Kupfermangel

  • Zinkmangel

  • Allergie und atopische Erkrankungen

  • Chronische Lungenerkrankung durch Luftverschmutzung und Smog

  • Bakterielle Superinfektion der Lunge

  • Chronische Bronchitis

  • Lungenhochdruck

  • Blutgruppe A, B oder AB



Mein Fazit

Grundsätzlich scheinen die bisher zusammengetragenen Informationen, in diesem Blogpost und in Teil 1 der Blogreihe, darauf hinzudeuten, dass eine Mastzellerkrankung bei COVID-19 eher ungünstig ist. Das hört sich nun erst einmal alles ziemlich wild und beunruhigend an. Meiner Meinung nach gibt es aber auch einen Hoffnungsschimmer, der deutlich mehr ist als nur der Silberstreif am Horizont. Und das ist jetzt wichtig: Die Rede ist, gerade bei Dr. Afrin, immer wieder von einem unerkannten MCAS als Auslöser der schweren Fälle. Auch die schweren Symptome von COVID-19 werden verdachtsmäßig mit der Mastzellaktivierung in Verbindung gebracht. Nun der Clou: Diese Betroffenen COVID-19-Patienten wissen nicht, dass sie potenziell eine Mastzellaktivierung haben. Sie wissen nicht einmal, was das ist, und haben sehr wahrscheinlich noch nie davon gehört. Spätestens, wenn man MCAS bei sich selbst vermutet, wird einem sehr deutlich, wie wenige Menschen eine Ahnung von diesem Thema haben. Das gilt sogar für Mastozytose, die eine seit Jahrzehnten bekannte Erkrankung ist. Insofern haben Menschen mit diagnostizierten (und sogar die mit lediglich vermuteten) Mastzellerkrankungen hier schon einen Riesen-Wissensvorsprung! Und das bedeutet auch, dass sie im Falle einer Infektion die entsprechenden Medikamente kennen, oder das grundsätzliche Procedere nachvollziehen können! Es wird angenommen, dass mastzellstabilisierende Medikamente bei COVID-19 helfen können, einen schweren Verlauf abzumildern oder zu verhindern.


Und dieses Thema geht es im dritten Teil der Reihe, der demnächst hier erscheint! Folge Mastzellenhilfe auf Facebook, Instagram oder Twitter, wenn du sofort Bescheid wissen willst, wenn der Post online ist!



Weitere interessante Publikationen

Teil 3 beschäftigt sich mit der Frage “Sind Menschen mit Mastzellerkrankungen wie MCAS oder Mastozytose stärker gefährdet, sowohl hinsichtlich einer eventuell höheren Ansteckungsgefahr als auch einer möglichen erhöhten Wahrscheinlichkeit eines schweren Verlaufs von COVID-19?“. Dieser Post erscheint demnächst.


Glossar

  • ARDS: Acute Respiratory Distress Syndrome, entspricht akutem Lungenversagen

  • COVID-19: COrona VIrus Disease, Coronaviruskrankheit

  • Humorales Immunsystem: Teil des Immunsystems, welcher auf Plasmaproteinen basiert, wie z.B. Antikörper

  • IL-1: Interleukin-1, ein Zytokin. Kann Mastzellen aktivieren.

  • IL-6: Interleukin-6, ein entzündungsförderndes Zytokin. Wird auch in den Mastzellen produziert.

  • IL-8: Interleukin-8, ein Zytokin und Entzündungsmediator. Wird auch in den Mastzellen produziert.

  • MAS: Makrophagen-Aktivierungs-Syndrom

  • MCAS: Mastzellenaktivierungssyndrom

  • SARS-CoV-2: "Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus-2", zu Deutsch "schweres akutes Atemwegssyndrom Coronavirus 2"

  • TNF-α: Tumornekrosefaktor-α, ein Mastzellbotenstoff. TNF- α wird aber auch noch in anderen Zellen gebildet.

  • Zelluläres Immunsystem: Teil des Immunsystems, welcher auf Zellen basiert



Quellen und Literatur

  1. Afrin (2020), Statement. https://www.drtaniadempsey.com/post/mast-cell-activation-syndrome-mcas-covid-19-coronavirus, veröffentlicht7. Mai 2020, Zugriff am 27. Juli 2020

  2. Afrin LB (2016). Never Bet Against Occam: Mast Cell Activation Disease and The Modern Epidemic of Chronic Illness and Medical Complexity. Bethesda, Maryland: Sisters Media. Hier kannst du das Buch bei Amazon kaufen: https://amzn.to/2QOGw2B Wenn du das Buch über diesen Link kaufst, bekomme ich eine kleine Provision. Für dich kostet das nichts extra.

  3. Cen Y, Chen X, Shen Y, Zhang XH, Lei Y, Xu C, Jiang WR, Xu HT, Chen Y, Zhu J, Zhang LL, Liu YH (2020). Risk factors for disease progression in patients with mild to moderate coronavirus disease 2019-a multi-centre observational study. Clinical Microbiology and Infection, Jun 9:S1198-743X(20)30341-4. doi: 10.1016/j.cmi.2020.05.041. Online ahead of print. Volltext frei verfügbar: https://www.clinicalmicrobiologyandinfection.com/article/S1198-743X(20)30341-4/fulltext

  4. Chen Z, John Wherry E (2020). T cell responses in patients with COVID-19. Nature Reviews Immunology, Jul 29:1-8. doi: 10.1038/s41577-020-0402-6. Volltext frei verfügbar: https://www.nature.com/articles/s41577-020-0402-6

  5. Dempsey (2020), Statement. https://www.drtaniadempsey.com/post/coronavirus-in-ny-westchester-county-a-doctors-perspective, veröffentlicht am 21. Mai, Zugriff am 27. Juli 2020

  6. Ständiger Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger am Robert Koch-Institut. Hinweise zu Erkennung, Diagnostik und Therapie von Patienten mit COVID-19, Stand: 22.07.2020. Volltext frei verfügbar: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Therapie/Therapie_Tab.html

  7. Tan L, Wang Q, Zhang D, Ding J, Huang Q, Tang YQ, Wang Q, Miao H (2020). Lymphopenia predicts disease severity of COVID-19: a descriptive and predictive study. Signal Transduction and Targeted Therapy, Mar 27;5(1):33. doi: 10.1038/s41392-020-0148-4. Volltext frei verfügbar: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7100419/

  8. The Mastocytosis Society for a Cure (TMSforacure), Statement. https://tmsforacure.org/covid19-statement/, veröffentlicht am 14. März 2020, Zugriff am 27.07.2020

  9. Valent P, Akin C, Bonadonna P, Brockow K, Niedoszytko M, Nedoszytko B, Butterfield JH, Alvarez-Twose I, Sotlar K, Schwaab J, Jawhar M, Reiter A, Castells M, Sperr WR, Kluin-Nelemans HC, Hermine O, Gotlib J, Zanotti R, Broesby-Olsen S, Horny HP, Triggiani M, Siebenhaar F, Orfao A, Metcalfe DD, Arock M, Hartmann K (2020). Risk and Management of Patients with Mastocytosis and MCAS in the SARS-CoV-2 (COVID-19) Pandemic: Expert Opinions. Journal of Allergy and Clinical Immunology. Jun 16:S0091-6749(20)30839-3. doi: 10.1016/j.jaci.2020.06.009. Online ahead of print. Volltext frei verfügbar: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7297685/

  10. Zhong J, Tang J, Cong Y, Dong L (2020). The immunology of COVID-19: is immune modulation an option for treatment? Lancet Rheumatology, 2: e428–36 Published Online May 20, 2020 https://doi.org/10.1016/S2665-9913(20)30120-X, Volltext frei verfügbar: https://www.thelancet.com/journals/lanrhe/article/PIIS2665-9913(20)30120-X/fulltext

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