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Labortests zur Diagnose von MCAS

Ist ein hinreichender Verdacht über die Anamnese entstanden, so kann MCAS mit einer Testung der Mastzellbotenstoffe in Urin und Blut, oder auch mit einer Auszählung von Mastzellen und ihren Eigenschaften in Biopsaten fortgefahren werden. Um MCAS nachzuweisen, werden spezielle Tests benötigt. In Routineuntersuchungen ergeben sich bei den meisten Patienten und Patientinnen normale oder bestenfalls grenzwertige Ergebnisse (5,6). Die Betroffenen hören als Konsequenz oft, sie seien gesund. Sie sind allerdings unerkannt chronisch krank, wobei das persönliche Empfinden  oft entsprechend ausfällt und die Patienten und Patientinnen sich elend fühlen (5).

Um eine Mastzellerkrankung festzustellen, kommen verschiedene Untersuchungen in Betracht.  Dabei wird in der Regel mit den einfacheren, weniger invasiven Untersuchungen begonnen. Dazu werden Mastzellmediatoren in Urin und Blut untersucht. Im Zusammenhang mit dem klinischen Beschwerdebild kann über den Befund von erhöhten Mastzellmediatoren die Diagnose MCAS gestellt werden. Die Konzentrationen der Mediatoren korrelieren allerdings nicht unbedingt mit der Intensität der Beschwerden (6).

Mastzellbotenstoffe können in Urin und Blut nachgewiesen werden

Zu Beginn der Diagnostik ist der Tryptasewert wichtig, da dieser einen Hinweis geben kann, ob eine weitere Diagnostik in Richtung Mastozytose notwendig ist, oder sich die Diagnostik auf MCAS konzentrieren soll. Ein Serumtryptasewert, der dauerhaft über 20 ng/ml erhöht ist, kann ein Hinweis auf Mastozytose sein. In diesem Fall sind weitere Untersuchungen notwendig (1). 

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Die Rolle der Tryptase in der MCAS-Diagnostik ist hingegen umstritten. Ein erhöhter Tryptasewert ist immer ein Hinweis auf ein Mastzellgeschehen, da die Tryptase ein sehr spezifischer Mastzellmarker ist. Diskutiert wird jedoch noch, ob ein MCAS auch ohne einen erhöhten Tryptasewert vorliegen kann. Einige Forscher sehen einen ereignisbezogenen (z.B. in einem Anfall) Anstieg der Tryptase als ein wichtiges Kriterium für MCAS, lassen aber auch andere Nachweise zu, falls das klinische Bild ansonsten zu MCAS passt. Andere Forscher hingegen sehen die Tryptase als einen Marker von vielen an und beschreiben, dass nur wenige Patienten und Patientinnen mit MCAS überhaupt einen Anstieg der Tryptase zeigen. Letzteres wird auch von den Ärzten und Ärztinnen in unserem Fachnetz MCAS geschildert.

Image by Joyce McCown
  • Urinuntersuchungen (1,6,7,9,11): Im Urin lassen sich Stoffwechselprodukte von Mastzellmediatoren feststellen. Zur Standarddiagnostik gehören Histamin (und/oder sein Metabolit N-Methylhistamin) und Prostaglandin D2 (und/oder sein Metabolit 11-β-PGF2α), sowohl im Sammelurin über 24 Stunden, als auch in einer einzelnen Urinprobe. Der 24h-Sammelurin wird hierbei bevorzugt (1,11), aber auch Einzelproben haben ihre Daseins-berechtigung (1). Bei Bedarf können auch Leukotriene (LTB4, LTC4, LTD4, LTE4) im gekühlten Urin getestet werden. Es ist wichtig, dass diese Proben die ganze Zeit über gekühlt werden. Einige Mastzellmediatoren sind sehr hitzelabil, und ihre Konzentration in den Proben verringert sich bei Raumtemperatur innerhalb von Minuten deutlich (1).

  • Blutuntersuchungen (1,6,7,9,11): Blutuntersuchungen sind ein wichtiger Teil der MCAS-Diagnostik. Dabei ist zu beachten, dass verschiedene Medikamente die Werte einiger Mastzellbotenstoffe beeinflussen können, z.B. Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol, Pantoprazol, Esomeprazol, Rabeprazol und Lansoprazol, und Mastzellstabilisatoren. Die Patienten sollten also vor der Testung befragt werden, ob sie solche Medikamente einnehmen. Auch nicht-medikamentöse bzw. natürliche Substanzen können die Werte beeinflussen, wie z.B. frei verkäufliche Mastzellstabilisatoren.​

    • Folgende Untersuchungen bieten sich an (1,6,9,11):

      • Serum-Tryptase. Details zu ihrer Rolle in der MCAS-Diagnostik enthält mein Artikel über Tryptase.

      • Serum-Chromogranin A. Die Einnahme von Protonenpumpenhemmern sollte mindestens 5 Tage vor der Testung vermieden werden.

      • Gekühltes Plasma auf Prostaglandin D2, und/oder 11-β-PGF2α. Die Einnahme von NSAR sollte mindestens 5 Tage vor der Testung vermieden werden. NSAR steht für nicht-steroidale Entzündungshemmer. Davon gibt es viele unterschiedliche, bekannte sind z.B. Aspirin, Diclofenac, Ibuprofen, Celecoxib, Naproxen).

      • Gekühltes Plasma auf Histamin

      • Gekühltes Plasma auf Heparin (falls keine externen Heparinprodukte benutzt werden. Heparin ist z.B. in HepaGel, Calciparine, Hemeran, Hirudoid und Varidoid enthalten. Für die Testung können sich unterschiedliche Vorgehensweisen daraus ergeben.)

Idealerweise sollten die Proben möglichst bald nach einem akuten Schub gesammelt werden (1,11). Allerdings ist es generell bei der Eingangsdiagnostik nicht nötig, ein solches Ereignis abzuwarten, da meist schon seit Jahren dauerhafte Symptome vorliegen. Sollten die Tests allerdings negativ ausfallen, bietet es sich an, die Testung in einem akuten Schub zu wiederholen (1). Generell gilt, dass ein negatives Ergebnis MCAS nicht ausschließt (6).

Zu Blutuntersuchungen ist anzumerken, dass die Mastzellen zwar über 1000 Mediatoren besitzen, sich aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur ein extrem geringer Teil davon anbietet, um eine systemische Mastzellaktivierung und damit MCAS nachzuweisen (7). Das liegt zum einen daran, dass viele der Mediatoren zwar in Forschungslaboren gemessen werden können (sonst wären sie uns nicht bekannt), aber nicht in klinischen Laboren, die mit Patienten zusammenarbeiten können. Zum anderen sind die Geräte, die dafür benötigt werden, mitunter sehr teuer, und daher nur in 

Bluttest
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wenigen Laboren vorhanden. Zudem ist die Behandlung der Proben zwar nicht besonders schwer, aber besonderen Maßnahmen unterworfen. So müssen die Proben beispielsweise bereits in gekühlten Röhrchen aufgefangen werden, danach sofort gekühlt werden, und dann gekühlt verschickt werden müssen. Einige Mastzellmediatoren sind bei Raumtemperatur nicht stabil und bauen sich innerhalb von Stunden, einige sogar innerhalb von Minuten, ab. Dann sind sie in der Probe nicht mehr feststellbar bzw. unter dem Grenzwert.

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt in der Beurteilung von Blutuntersuchungen auf MCAS ist, dass nicht alle hier erwähnten Mediatoren spezifisch aus der Mastzelle kommen. Viele Mediatoren, die die Mastzelle produziert, werden auch aus anderen Zellen produziert, und bieten sich daher nicht an, um speziell auf Probleme mit Mastzellen zu testen. Einige Mastzellmediatoren, z.B. Histamin und Prostaglandin D2, können jedoch trotzdem für die Diagnostik genutzt werden, da sie in den Mastzellen hundert- oder sogar tausendfach mehr vorkommen als in den anderen Zellen (12). Aus diesem Grund ist es wichtig, nicht nur auf die Laborergebnisse zu schauen, sondern das Gesamtbild des Patienten oder der Patientin mit einzubeziehen. Passen die Symptome und die Krankheitsgeschichte auch zu MCAS?

  • Biopsien (6,10): In Gewebeproben, die bei Biopsien entnommen werden, können Mastzellen erkannt und ausgezählt werden. Dabei ist sowohl die Zahl der Mastzellen, als auch ihre Form interessant. Werden mehr als 19 Mastzellen pro Gesichtsfeld bei 40facher Vergrößerung gefunden, so ist dies ein Hinweis auf pathologische Prozesse (6). Ebenso ist eine ungewöhnliche Form der Mastzellen (spindelig statt rund), und eine Ansammlung von Mastzellen in "Nestern" auffällig (6). Allerdings treten diese Überzahlen, ungewöhnlichen Formen und Ansammlungen 

Eine unauffällige Dichte und Morphologie der Mastzellen in den Gewebeproben schließt MCAS nicht aus, nur ein positiver Befund ist aussagekräftig

nicht typischerweise bei MCAS auf, sondern bei der verwandten Erkrankung Mastozytose, die viel seltener ist (1,12). Eine unauffällige Dichte und Morphologie der Mastzellen in den Gewebeproben schließt MCAS nicht aus, nur ein positiver Befund ist aussagekräftig (6). Üblicherweise wird bei Biopsien mit den einfachsten und am wenigsten invasiven Methoden begonnen, das ist in der Regel eine Spiegelung des Magens und/oder Darms (1,6,12). Ein guter Tipp bei Biopsien ist, dass alte Biopsien ebenfalls zur Untersuchung herangezogen werden können (1). Da MCAS-Betroffene oft schon eine lange Krankheitsgeschichte erlebt haben, haben sie oft auch schon eine oder

mehrere Spiegelungen oder Biopsien hinter sich. Die entnommenen Proben werden oft noch über Jahre in den entsprechenden Pathologien aufbewahrt, und können für erneute Untersuchungen herangezogen werden. Dadurch ist keine neue Spiegelung notwendig.

 

Es ist bei der Untersuchung der Biopsien extrem wichtig, spezielle Verfahren anzuwenden. Mastzellen können bei den üblichen Untersuchungsverfahren aussehen wie andere Zellen - und dann werden sie nicht erkannt. Auch wenn eine Probe ansonsten absolut normal und gesund aussieht, ist es wichtig, diese spezielle Untersuchung durchzuführen. Die entnommenen Biopsien müssen mit CD117-, Tryptase-, und CD25-Antikörpern untersucht werden (6,10). Auch andere Färbungen können sich anbieten (1). Dabei sind die Mastzellen bei einer Färbung mit CD117 besonders gut sichtbar, daher ist CD117 oft allein ausreichend, um die Dichte und Aggregation von Mastzellen zu untersuchen (1). Auch die Untersuchung der Biopsie auf das Vorliegen der KIT-Mutation D816V kann sinnvoll sein (6). Da sich Mastzellen typischerweise an den Schnittstellen des Körpers mit der Umwelt aufhalten (z.B. Verdauungstrakt, Haut, Atemwege), können histologische Nachweise für MCAS manchmal an diesen Orten gefunden werden (14).

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Ein neu vorgeschlagenes Verfahren zur MCAS-Diagnostik in Biopsien ist der "Tryptase Depletion Index" (21). Hierbei werden die Biopsate mit CD117 und mit Tryptase gefärbt. Während CD117 alle Mastzellen sichtbar macht, werden durch Tryptase nur die Mastzellen sichtbar, die noch die Tryptase enthalten, also intakt sind. Hier kann eine Differenz gebildet werden, deren Ergebnis sich bei Menschen mit MCAS von gesunden Menschen unterscheidet. Mehr Details erfahren Sie in der Originalstudie (Quelle 21) oder als übersichtliche deutsche Kurzfassung in meinem E-Book zum Thema Diagnosekriterien und Diagnosemöglichkeiten für MCAS.

Eine wichtige Anmerkung zur Diagnostik ist, dass ein negatives Ergebnis nicht bedeutet, dass kein MCAS vorliegt (6). Mastzellaktivierung ist notorisch schwer zu messen. Dr. Afrin, Pionier in der MCAS-Forschung und Behandlung, testet bis zu drei Mal Urin und Blut, falls sich nicht beim ersten Mal ein positives Ergebnis findet (13). Ein Versuch wird nur gezählt, wenn die Proben korrekt behandelt wurden, z.B. sofort und durchgängig gekühlt wurden. Bei der Untersuchung von Heparin ist zusätzlich eine gekühlte Zentrifuge sowie ein ausreichend sensitives Assay nötig.

Mikroskop
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